100 Tage Weltreise

100 Tage bin ich nun auf meiner Weltreise unterwegs. 100 Tage in denen ich viel gesehen und erlebt habt. Tage in denen ich Höhen und Tiefen hatte und besonders immer wieder Menschen getroffen habe, die mir geholfen und mich bei sich aufgenommen haben. Und zur Feier dieser besonderen Marke hatte ich mir einiges für den Blog vorgenommen. Ich wollte eine Art Statistikseite mit interessanten Fakten und Zahlen zur Reise aufbauen. Ich wollte eine interaktive Karte erstellen, in der man auf die Streckenabschnitte klicken kann und dann den entsprechenden Blogbeitrag findet (Dazu habe ich bis heute keine gute und einfache Lösung gefunden). Und ich wollte natürlich eure Fragen beantworten um die ich euch in den vorhergehenden Beiträgen gebeten hatte.
Doch dann kam alles irgendwie ganz anders…

Wer meine Stories auf Instagram und Facebook oder die WhatsApp Statusmitteilungen verfolgt, ist ja ganz gut auf dem Laufenden geblieben. Denn zumindest dort habe ich es geschafft, immer wieder aktuelle Bilder und Nachrichten mit euch zu teilen. Doch hier im Blog kam ich nicht so richtig dazu, weil ich mich mit etwas beschäftigen musste, das ich so nie erwartet hatte. Und ehrlich gesagt, gab es in dieser Zeit auch Momente, wo ich am Überlegen war, wieder zurück nach Deutschland zu kommen. Einfach weil ich nicht wusste, wie diese Situation ausgehen würde.

Eine Karte mit den Schlafplätzen entlang meiner Reiseroute
Meine Schlafplätze entlang der Reiseroute

100 Tage Weltreise & 1 Motorschaden – und nun?

Genau in der Woche, als ich die 100 Tage Marke überschreiten würde, das genaue Datum war der 12. September, überraschte mich meine gute KTM “Jolly Blue” mit einem Motorschaden. Zu Beginn wusste ich nicht, was es wirklich ist. Es kam während der Fahrt plötzlich zu Leistungsverlust. Meine Gedanken gingen erst in Richtung Benzinfilter die aufgrund des schlechten Benzins im Westen Kanadas wieder verdreckt sind. Ich konnte nur noch mit zusätzlichem Gasgeben den Motor starten und sobald ich an einer Kreuzung anhalten musste, ging die Maschine aus.

Ich schaffte es bis in den nächsten Ort, Burbank am Rande der Region Tri-Cities in Washington, USA, und parkte im Schatten einer Tankstelle. Dort begann ich das Motorrad zu zerlegen und war schon drauf und dran die Benzinpumpe aus dem linken Tank zu entfernen. Und in diesem Moment hielt neben mir ein PKW und Donnie fragte mich ob ich Hilfe benötige. Wir luden mein Gepäck und einige Teile der KTM in sein Auto und ich fuhr mit stotterndem Motor die wenigen Meter bis zu seinem Haus. Dort begann dann die Suche nach der Ursache des Problems. Die Benzinpumpe war schnell ausgebaut und demontiert. Die Filter sahen bereits wieder sehr verschmutzt aus und ich tauschte sie mit denen die ich noch von KTM Canada nach der ersten Reparatur bekommen hatte.

Die erste Probefahrt zeigte leider keine Besserung. Also ging die Suche weiter. Und welch ein Glück das ich mit Donnie einen wirklich kompetenten Mechaniker getroffen hatte. Er und seine Frau bauen sich gerade eine Vermietung für Boote, Skidoos und andere Power Toys auf. Alle anfallenden Reparaturen erledigt er dabei selbst und bis vor wenigen Tagen hat er hauptberuflich als Mechaniker in diesem Bereich beim örtlichen KTM Händler gearbeitet. Somit hatte er alle Messinstrumente da um den Motor weiter zu untersuchen. Wir prüften die Kompression der Zylinder und stellten fest, das der hintere Zylinder 230 PSI und der vordere nur 30 PSI erreichte. Dabei war es egal, was der seitens KTM geforderte Wert ist, es stand fest, der vordere Zylinder hat einen Defekt.

Helfer in der Not

Die Prüfung der Dichtigkeit des vorderen Zylinders zeigte ein Leck bei einem der Auslaßventile. Die verwendete Druckluft wurde hier einfach nur durchgeblasen ohne, das es irgendeinen Wiederstand gab. Also stand die Demontage des vorderen Zylinders auf dem Plan. Soweit hatte ich mich nie zuvor an einen Motor herangewagt. Schon gar nicht an einen der so kompakt und komplex gebaut ist wie der LC8 Motor der KTM 990 Adventure. Meine bisherige Grenze war das Einstellen des Ventilspiels und selbst dazu muss man schon die Nockenwelle ausbauen. Als der Zylinder auf der Werkbank lag, war der Defekt sofort offensichtlich. In einem der Ventile war ein sehr großes Loch zu sehen. Keiner kann so wirklich erklären wie dieses zu Stande kam. Die Theorien reichen von falschem Ventilspiel bis hin zu geringer Drehzahl im dauerhaften Reisebetrieb.

Mir war es eigentlich egal wie und warum dieses Loch entstanden ist, ich hatte nur immer größere Bedenken, ob ich den Motor jemals wieder zum Laufen bekomme. Und vor allem wie? In dieser Situation war es wieder Marc von KTM Canada der mir mit den notwendigen Teilen geholfen hat. In seinem Bestand fand er noch einen Motor von dem er mir die benötigten Teile zusendete. Und um Probleme mit dem Versand der Teile bei der Zollkontrolle zu vermeiden, beschloss ich zurück nach Kanada zu fahren. Also mietete ich einen Transporter, lud meine KTM ein und fuhr wieder nach Peachland. Dort konnte ich erneut bei Gerry und Chris unterkommen und dachte anfangs, das ich die Reparatur in zwei Tagen erledigt haben sollte. Doch wie so oft im Leben, kam es auch bei diesem Projekt immer wieder zu weiteren Komplikationen.

Herausforderungen und Bilanz

Mal stellte ich fest, dass es verschiedene Größen für Zylinder und Kolben gibt. Dann entdeckte ich verschieden aufgebaute Kanäle für die Kühlflüssigkeit im Zylinderkopf. Und zu guter letzt stellte sich noch heraus, dass der Zylinderkopf von Marc ein älteres Baujahr ist und somit eine andere Zündkerze benötigt. Die Montage des Zylinders war dann auch nicht so einfach. Besonders da ich dies vorher noch nie gemacht hatte und ich auch kein ausgebildeter Mechaniker bin. Doch irgendwie gelang es mir alles wieder an seinen Platz zu bekommen und welche Wunder: Es funktionierte sogar! Es hat mich eine Woche Zeit und fast 1.000€ gekostet den Schaden zu reparieren. Doch die OP am Herzen der guten “Jolly Blue” ist gelungen und mittlerweile hat sie schon fast 2.800km seitdem geschafft.

Gerry und Chris haben mich in dieser Zeit viel in Ruhe arbeiten lassen. Manchmal war es mir schon etwas unangenehm, das ich so lang bei Ihnen war. Doch am Ende war es wie ein neues zu Hause. Und Gerry habe ich mittlerweile noch ein paar Mal wieder getroffen.
Marc von KTM Canada hat mich per Telefon und Nachrichten mit vielen Tipps und Informationen versorgt. Und natürlich die notwendigen Teile für den Motor, Dichtungen und Material für den Ölwechsel zur Verfügung gestellt.
Meine Familie und Freunde in der Heimat haben mich seelisch und moralisch unterstützt.
Ich bin euch allen sehr, sehr dankbar dafür. Gemeinsam haben wir diese Herausforderung gemeistert.

100 Tage Weltreise & 1 Rally

Bereits bei unserem ersten Treffen in Montreal lud Marc mich zur Adventure Rally von KTM Canada ein. Dies ist ein großes Event zu dem Fahrer mit ihren KTM Adventure Motorrädern aus ganz Kanada anreisen und sich den Herausforderungen der Rally stellen. Dabei geht es nicht um das Erreichen einer Bestzeit sondern mehr um das genaue Navigieren entlang einer vorgegebenem GPS Route. Ich selbst hatte mich gegen eine Teilnahme an der Rally entschieden. Nach der geglückten Reparatur wollte ich kein Risiko eingehen das Motorrad gleich wieder durch einen Sturz zu beschädigen. Und außerdem war mein Fokus mehr darauf gesetzt, Marc und seinem Team so gut es geht zu helfen.

Für mich hieß das vor allem die Test Motorräder mit zu betreuen. Und natürlich hatte auch die Gelegenheit ein paar der aktuellen Modelle selbst zu fahren. Auf der gemeinsamen Ausfahrt mit dem KTM Team hatte ich dann die neue 790 Adventure R für die Tour entlang kurviger Schotterpisten und über felsige Off-Road Abschnitte zur Verfügung. Was für ein Spaß! Dieses Motorrad ist wirklich eine geniale Mischung aus leichtem Gewicht und kraftvollem Motor. Die neue moderne Elektronik bringt dann noch ein paar zusätzliche nette Funktionen mit. Schalten ohne die Kupplung zu ziehen und Traktionskontrolle die aber das Driften in Kurven zulässt. Zumindest, wenn man es kann und daran gewöhnt ist. Ich stellte bei der Ausfahrt vor allem fest, das mir doch sehr viel Praxis fehlt um mit den Mädels und Jungs von KTM mithalten zu können. Das liegt aber auch an den begrenzten Möglichkeiten bei uns in Deutschland. Hier in Kanada fährt man eben einfach in den Wald entlang der Forstwirtschaftswege ohne das sich jemand daran stört.

Leider kam es hier am zweiten Tag der Rally zu einem frühen Wintereinbruch. Und es gab 40 cm Neuschnee auf den Bergen in der Nacht vom Freitag zum Samstag. Somit wurde die Rallyetappe abgesagt. Für meine weitere Fahrt bedeutete es das ich auch über die verschneiten Pässe fahren musste. Glücklicherweise konnte ich noch bis zum Montagmorgen in dem Apartment bleiben. Dennoch hatte ich an manchen Stellen noch etwas Schneematsch auf der Straße und Temperaturen von -3°C.

100 Tage Weltreise & wie geht es weiter

Nach der Rally bin ich noch einmal zu Gerry gefahren. Gemeinsam sind wir dann am Dienstag in Richtung Vancouver aufgebrochen und nach einer schönen Etappe entlang ein paar Schotterpisten durch die verschneiten Wälder trennten sich unsere Wege gegen Mittag. Ich fuhr allein weiter nach Vancouver um dann auf die Insel überzusetzen. Hier bin ich nun mittlerweile im Hostel in Victoria und habe eines von 42 Betten im Männerschlafsaal.
Am Montag geht es mit der Fähre in die USA und ich werde versuchen mein Visum zu verlängern. Aktuell müsste ich die USA am 29. Oktober in Richtung Mexiko verlassen. Das ist zu schaffen, aber ich würde mir doch gern ein paar Tage mehr Zeit nehmen um nicht an allen schönen Orten nur vorbeizufahren.

Insgesamt habe ich auf meine Reise nun schon 125 Tage geschafft und dabei über 37.600km zurückgelegt.
Das ist mehr als so mancher in Deutschland mit dem Auto in einem ganzen Jahr fährt. Und ich habe dies bis auf zwei Exkursionen in die USA alles in Kanada gefahren. Die gesamte Strecke von hier bis nach Ushuaia im Süden Argentiniens ist nur 18.200km lang. Also, wenn man keine größeren Umwege fährt.

Für den Blog habe ich immer noch vor die oben genannten Ideen umzusetzen. Aber ich weiß, dass ich dafür mehr Zeit und Ruhe benötige. Allein das Schreiben eines Beitrages wie diesem hier dauert mindestens 4 Stunden. Und ich habe noch keine Beiträge über meine Zeit im Yellowstone Nationalpark und den Aufenthalt hier auf Vancouver Island geschrieben. In den Stories und Statusmitteilungen werde ich euch aber weiterhin so gut es geht auf dem Laufenden halten.

2 Gedanken zu „100 Tage Weltreise“

  1. Hey Georg,

    mit Begeisterung lese ich gerade die Zusammenfassung der spektakulären letzten Tage/Wochen! So was gehört auf solch einer Reise auch irgendwie dazu. Rückblickend betrachtet auch eine gute und spannende Zeit, die wieder einmal aufzeigt, wie wichtige es ist, Leute zu haben, auf die man sich verlassen kann und vorallem wie wichtig es ist, das man sich hilft. So viele Zufälle und Hilfsbereitschaft habe ich noch nie in solcher Dichte gesehen. Und wenn wir mal Probleme mit dem Motorrad haben, wissen wir jetzt wo wir hin gehen können.;)

    Ich bin schon gespannt auf die nächsten Erfahrungen/Beiträge.

    Viele Grüße
    Jan

    P.S.: Immer an die Ventilspielkontrolle denken 😀

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  2. Hallo Georg
    Es ist wiedermal ein sehr interessanter Bericht
    Auch wenn du von vielen Tiefschlägen schreibst aber es ist ja alles gut gelaufen und du hast viele nette Helfer gefunden
    Ich hoffe das bleibt so mit den Helfern nicht mit den Tiefschlägen
    Wir waren letztes Wochenende im Sauerland und haben mit Ulrikes Freundin Rita gesprochen die auch gerade aus Kanada zurück war
    Sie war vier Wochen dort mit ihren Sohn der in den USA lebt mit dem Wohnmobil
    Sie konnte uns viel erzählen da sie fast die gleiche Strecke wie du gefahren ist und an den gleichen Stellen war wie du
    Ansonsten geht es uns gut was ich von dir auch hoffe aber es scheint ja alles wieder zu laufen 👍
    Viele Grüße aus Waldenburg und las uns weiterhin an Deiner Reise teilnehmen ich drücke Dir weiterhin die Daumen

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